PHOTOGRAPHIE 11/2020

Auftritt mit Buch
Text: Andrea Späth, Fotos: Katerina Belkina, 2020
Magazin

Verlag: IdeaTorial GmbH.

Maße: 23 x 30 cm

Seiten: 98
€6.95
Neues von Katerina Belkina
DIE SUMME ALLER TEILE

Der Vermessung des Menschen widmete sich Leonardo da Vinci bereits 1492 mit seinem vitruvianischen Menschen. Darüber hinaus war er bestrebt, sich anatomisch dem Innersten des Menschen zu widmen. Katerina Belkina setzt diesen Weg fort. Will noch tiefer dringen: in die Psyche. Sie ist dabei ihr eigener Proband.

 

Katerina Belkina wurde in eine künstlerische Familie hineingeboren und wuchs in Samara im Südosten des europäischen Russlands auf. Der Zugang zur Kunst war also vorgegeben und brach sich Bahn in ihrer Leidenschaft für die Malerei, die sie bis heute in ihre Bildschöpfungen überträgt. Sie nennt sie ungern Fotografien und sich selbst auch nicht Fotografin. Zu intensiv fällt die Bearbeitung in der Postproduction mit dem virtuellen Pinsel aus, die ihre Motive – natürlich auch inhaltlich durch ihre Visionen – ins Hyperreale transportiert. Aber warum der Verweis der Bildschaffenden auf eine Zeit, in der sich das Mittelalter in die Neuzeit verabschiedete? „Es war nicht unbedingt die niederländische Renaissance, die mich beschäftigte … Mit Kunstgeschichte wuchsen wir auf, studierten sie und ihre Werke. Die Renaissance als Epoche war während meiner gesamten Ausbildung am stärksten präsent. Die zeitgenössische Kunst als Kategorie fehlte völlig in der Sowjetunion“, erinnert sich die heute nahe Berlin lebende Künstlerin in ihrem dieser Tage erscheinenden Bildband mit künstlerischem Diskurs, einem Interview und einem eigenen Text. „... Die sowjetische Ästhetik war sehr starr und hatte einen restriktiven Rahmen, sodass alles, was nicht mit ihr unmittelbar zusammenhing, mich immer sehr stark interessierte. Dann änderte sich die Ära, die Sowjetzeit endete, und die postsowjetische Zeit begann. Auch dies hatte seine Folgen, weil uns der Zugang zu zeitgenössischer Kunst, westlichen Zeitschriften und Büchern plötzlich möglich war. Besonders begeistert war ich von der Fotografie. … Es war Liebe auf den ersten Blick.“ Restriktionen begleiteten Katerina ihr ganzes Leben lang: In der alten Sowjetunion, als weibliche Künstlerin und in ihrer urbanen Zweiraumwohnung, die sie auch in ihre Kunst immer wieder einbindet: „Eine Zweizimmerwohnung ist nicht nur die häufigste Form der Stadtbehausung, sondern stellt ...

 
„Fly!“. Hier inszeniert Katerina Belkina einen entrückten Seelenzustand vor dem Hintergrund einer gewöhnlichen Stadtkulisse. Sie erhöht die Frau durch das Licht zu einem „göttlich“ anmutenden Wesen. Und wieder sind es die Hände, die im Ausdruck des ganzen Motivs eine wesentliche Rolle spielen.

„The Road“. Belkina lädt uns auf dem Rücksitz ihres Autos zu einer Fahrt durch ihre (unsere?) Welt ein. Was will uns ihr Blick sagen?



„Constant“. Die eigene Lebensgeschichte, aus der man hervorgeht, ist eine Konstante. Auch Liebe und Fürsorge einer Mutter zum ewigen Kind können eine Konstante sein. „Constant“ vereint ganz typisch für Katerina Belkina die Malerei der Renaissance mit der Bildsprache desbsozialistischen Realismus.

 

„11 Milliliter per Minute“. Das Covermotiv des Bildbandes im Original: ein Selbstporträt.

 

 

22 
von 88